Das Berufsbild des Dolmetscher: Der Turmbau zu Babel
Seit die Kontakte zwischen Völkern mit unterschiedlichen Sprachen immer
größere Ausmaße angenommen haben, hat sich ein Berufsbild herauskristallisiert,
das für das Funktionieren interkultureller Kommunikation von grundlegender
Bedeutung ist - das des Dolmetschers.
Als Dolmetscher ist man dafür verantwortlich, in begrenzter Zeit und mit
begrenzten Hilfsmitteln einen nur begrenzt reproduzierbaren Text aus einer
Ausgangssprache in eine Zielsprache zu transferieren, möglichst ohne Verlust von
Inhalten und Funktionen. Hierin unterscheidet er sich von dem des Übersetzers,
der fixierte Texte in der Zielsprache in eine reproduzierbare Form bringt. Das
bekannteste Beispiel hierfür sind wahrscheinlich die Simultandolmetscher, die
man bei internationalen Treffen wichtiger Politiker häufig im Hintergrund stehen
oder in abgetrennten Kabinen sitzen sieht, wo sie innerhalb weniger Sekunden
eine Rede hören, verarbeiten und in ihre Zielsprache übertragen. Dabei bleibt
kaum Zeit für Korrekturen oder die Benutzung von Hilfsmitteln wie Wörterbüchern
oder Grammatiken.
Außerdem gibt es das so genannte Konsekutivdolmetschen, bei dem ein Ausgangstext
in Abschnitten produziert gibt, und in den Pausen zwischen den Abschnitten gibt
der Dolmetscher in der Zielsprache wieder, was soeben gesagt wurde.
Dies bedeutet natürlich, dass der Dolmetscher äußerst stressresistent sein
sollte. Darüber hinaus sollte er in allen Sprachen, die er bedient, über ein
außergewöhnliches Niveau verfügen, über eine rasche Auffassungsgabe und ein
umfassendes Allgemeinwissen. Stilsicherheit ist ebenfalls eine wünschenswerte
Eigenschaft, genau wie die Fähigkeit, mit hoher Geschwindigkeit Daten zu
verarbeiten und zu reproduzieren. Es gibt spezielle Schulen, die
sprachtalentierte Menschen genau auf diese Aufgabe vorbereiten.
Natürlich hat der Dolmetscher in vielen Fällen die Möglichkeit, sich im Voraus
darüber zu informieren, was die Themen während seines Einsatzes sein werden.
Viele Redner arbeiten mit Manuskripten, die sie auf Anfrage dem Dolmetscher
überlassen, damit dieser sich Notizen machen und Unklarheiten im Vorfeld
bereinigen kann. In Gesprächen gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, sich
durch Nachfragen rückzuversichern, dass man den richtigen Inhalt dolmetscht.
Trotzdem bleibt es ein spannender Beruf.